Vorbereitungen: Papst-Wackelfiguren, Papst-Fahnen, Papst-Bier. Das ganze Merchandising und der ganze Trubel rund um das Deutsche Kirchenoberhaupt erinnert stark an die Fußball-Weltmeisterschaft. Die Einen stört´s, die Anderen erfreuen sich daran. Doch was hinter den Kulissen vor sich geht, das bekommen nur wenige zu spüren.
Mehr als ein Jahrzehnt nenne ich den Domberg nun mein Zuhause, ab und an standen besondere Ereignisse bevor, als etwa Tausende von Teenagern zu Jugendkorbinian die Kirche stürmten. Doch seit drei Jahren, seit Beginn der Renovierungsarbeiten im Inneren des Freisinger Doms, herrscht Ruhe rund um das Wahrzeichen der Stadt. Eine absolute Idylle... sollte man meinen. Aber es gibt Zeichen, die einem aufmerksamen Anwohner in letzter Zeit auffielen.
Nicht etwa, dass im Fernsehen eine Live-Schaltung zu einem ehemaligen Freund, Mitbewohner oder Küchenchef Josef Ratzingers gemacht wird, der selbstverständlich zu den engsten Vertrauten des ehemaligen Kardinals zählte. Das ist nicht weiter verwunderlich. Aber es entgeht keinem, dass seit einer Weile Gebäude, die bis dato niemals in Glanz erstrahlen konnten und Straßen, die alle paar Meter Steine absonderten und somit die Überfahrt zu einem holprigen Spektakel machten, neuerdings in einem eigenartigen Tempo zu nie da gewesener Schönheit finden. Dass die eine Hälfte des Dombergs, die zufälligerweise die Auffahrt ziert, neu gestrichen, mit Blumen versehen, begradigt, verfeinert, repariert, geweißelt und in allen Varianten und Formen zur Medientauglichkeit gebracht wird.
Nein, das ist wohl niemandem entgangen... war ja auch klar, die Stadt muss sich schließlich schön präsentieren, der Papst kommt schließlich zu Besuch.
Und für die Anwohner ist dieses neue, schöne Umfeld selbstverständlich ein Genuss.
Doch kürzlich, es war ein Sonntag, ich lag in meinem Bett. Ich schlief natürlich. Da weckte mich plötzlich etwas. Kurz darauf wusste ich was es war. Ein Kindheitstrauma wurde in mir wach. Ich hörte es wieder.
Waren doch die letzten drei Jahre von einer absoluten Ruhe geprägt, konnte man doch ausschlafen, so lange man wollte, waren doch für einen Nicht-Kirchgänger nur Vorteile zu spüren, dass der Betrieb im Dom vorübergehend eingestellt wurde, so härter und grausamer traf es mich... Der Chor. Die Orgel. Die Kirchenmusik. Die Proben für den ersten Gottesdienst seit drei Jahren. Langsam wurde es wirklich ernst. Alles schien mit einem Mal in Hektik auszuarten, die selbst mich ansteckte, als in der morgendlichen Post ein Spezialausweis zu finden war, der mich berechtigen würde, am Vorabend des Papstbesuches den Domberg zu betreten und zu verlassen.
Dass ich dieses Dokument erhalten würde, war mir schon lange vorher klar, nur schien die Stadtverwaltung nicht in der Lage gewesen zu sein, meinen Nachnamen korrekt zu Papier zu bringen, sodass es Komplikationen geben würde, sollte ich das Bedürfnis spüren, zu besagtem Zeitpunkt mein trautes Heim zu verlassen. Also musste doch recht kurzfristig ein neues Exemplar beantragt werden. Gut. Alles wieder in Ordnung. Also konnte ich mich wieder der Beobachtung der Vorgänge rund um den Dom widmen.
Da sind LKWs. Sehr viele LKWs. Übertragungswägen, wie die Sattelitenschüsseln auf den Dächern mir zu erkennen geben.
Da sind Gerüste, Kameraplattformen und Kabel-Gestelle.
Da sind Banner. Ob von der ansässigen Burschenschaft oder von höchster Stelle.
Und da sind Leute... viele, teils seltsame Leute, die mit Funkgeräten und Kameras bewaffnet durch die Gegend eilen oder einfach nur die Stelle betreten wollen, an der sich wenige Tage darauf Benedikt XVI. aufhalten soll.
Der Domberg erwacht zum Leben.
Soll der Papst doch kommen scheint er zu rufen.
Der Papstbesuch: „Jetzt wach endlich auf, da draußen geht’s total rund!“ waren so ziemlich die ersten Worte am Tag des Papstbesuches, die in mein Ohr gelangten. Also gut, Klamotten an und erst mal vor die Tür.
Es ist doch kaum zu glauben, dass für eine Live-Sendung zum Papstbesuch dermaßen viele Fotografen, Kabelträger, Securitys, Polizisten, Scharfschützen, Reporter und sonstige – mehr oder weniger – wichtige Personen auf den Beinen sind. Der Domberg zu Freising war nicht wieder zu erkennen.
Sicherheitsstufe Eins für Papst Benedikt XVI. „Das gesamte Domberggelände wird bereits am 13.9.2006 durch Polizeikräfte gesichert“ stand es so schön im Brief der Stadt Freising an die Anwohner.
Soll heißen, jeder der in der Nacht auf den 14. in die Nähe vom Dom will, wird bei den Auffahrten zum Dom hin kontrolliert und muss über einen Anwohnerausweis verfügen.. Klappte soweit auch recht gut, nur scheinen die geschätzen 20 Millionen Euro, die für das Großereignis ausgegeben wurden, nicht mehr für Ablösen der Wachmänner gereicht zu haben, die gegen vier Uhr nachts friedlich in ihren Polizeiwägen an der Absperrung vor sich hin dösten. Wohl eine kleine Sicherheitslücke ;- )
Aber gut, an der sonstigen Organisation gab es schließlich nichts mehr zu bemängeln, vielleicht könnte man noch Kritik am Chauffeur des Kirchenoberhaupts äußern, der teils doch recht schnell über den Asphalt bretterte, doch das soll auch nicht weiter stören. Gesehen hat man ihn schließlich trotzdem und an der allgemein herrschenden Atmosphäre änderte das auch nicht mehr viel. Aufregung, Begeisterung, Anspannung. Somit wäre sie wohl recht gut beschrieben. Und auch wenn der erwartete Menschenandrang wohl ausblieb, war halb Freising auf der Straße um einen Blick auf den heiligen Vater zu erhaschen. Dieser winkte gut gelaunt zurück und demonstrierte somit ein weiteres mal sein unermüdliches Talent, ganz und gar vom Oberflächlichen entfernt, die Leute persönlich anzusprechen. Und dies im wahrsten Sinne des Wortes. So gratulierte der ehemalige Erzbischof im Inneren des Kardinal-Döpfner-Hauses sogar einer Auszubildenden zu ihrem 18. Geburtstag.
Und um das Bild der Nähe zu den Gläubigen abzurunden, predigte Benedikt beim Gottesdienst im Marien-Dom nicht seinen vorbereiteten Text, sondern improvisierte eine prächtige, kurzweilige Rede, die er an dieser Stelle als angemessener empfand, vor zahlreichen Priestern, den Ministranten und selbstverständlich dem Rest Deutschlands live auf ARD und BR3.
Alles in Allem ein gelungenes Ende des wohl vorerst letzten Papstbesuches in Deutschland.
So bedankte sich der 79 jährige vielmals für die Mühen und die Anstrengungen, die ihm zu Ehren aufgebracht wurden.
Von versiegelten Gullis über eigens komponierte Fanfaren zum Einmarsch in den Dom bis hin zu einem in Freising nie da gewesenen Polizeiaufgebot.
Doch so hat sich die Stadt, beziehungsweise das ganze Land, ein weiteres mal von seiner besten Seite gezeigt und bescherte als Gastgeber einige aufregende und emotionale Tage unter dem Motto „Wer glaubt, ist nie allein“
Und ob man nun glaubt und somit die zentrale Botschaft erfasste, die der Papst während seines Aufenthalts zu verbreiten versuchte, nämlich schlichtweg die Abhängigkeit der Menschen von Gott zu erläutern, ob man schaulustig inmitten der Masse die Nähe einer der berühmtesten Personen der Welt zu spüren versuchte, oder ob man von Anfang an die Nase voll hatte vom Papst selbst und dem Aufwand, den sein Besuch hierzulande mit sich brachte.
„Der Papst in Deutschland“ war ein Ereignis, wie es selten geschieht und wie es, wie kaum ein Weiteres, auf ewig in Erinnerung bleiben wird.
Vergelt's Gott und Auf Wiedersehen, so Gott will.Benedikt XVI., PapstFS-Location.de bedankt sich für die vielen Fotos die uns zur Verfügung gestellt wurden
Text von daFant