Nach den weihnachtlichen Tagen mit Essen, Verwandtenbesuchen und einigen Kilos mehr auf der Waage freute sich Freising schon wieder auf das nächste Konzert, um die Pfunde abzutanzen. Da kam Scheinachten gerade recht – so lösten die Bavarian Electro Gang, 4Twenty und Schein die stille durch die laute, funkige Zeit ab.
Den Anfang machte dabei die
Bavarian Electro Gang, mit ihrem minimalistischen Elektro, bestehend aus Rudolf Koller (Schlagzeug), Lorenz Scheidl (Gesang) und Michael Reithmeier (Keyboard). Als Aufheizer taten sie sich aber schwerer als bei ihrem Auftritt beim Kulturalarm vor ein paar Monaten, dennoch würdigten die Zuschauer, die sich schon fleissig versammelt hatten, ihren Sound mit Klatschen und Beifallsbekundungen. Dadurch ließ sich die Band offensichtlich beflügeln, denn bei „Schau hoi ned so bläd“ und „Leid in da Stod“ begann dann das Set irgendwie richtig zu wirken und erste tanzende Menschen begannen sich im Publikum auszulassen. Besonders erwähnenswert war die angekündigte Zusammenarbeit mit Hokum – so kamen bei „Gurt Stoxx“ noch Jonas und Voge auf die Bühne und unterstützen die Bavarian Electro Gang am 6-Saiter-Bass und an der E-Gitarre. Und das mit Erfolg, so ergab sich ein druckvolles Stück ohne jedoch den eigentlich Sound der Electrogang zu überdecken. Es waren beide Bands im Sound zu erkennen und das macht den Reiz dessen aus, und mit dem ausgelassenen Soli waren sogar mal progressive Ansätze zu vernehmen, die das ganze wirklich sehr interessant machten. Thumbs Up!
Nach einer kurzem Umbaupause war dann weit angereister Besuch da –
4Twenty aus Italien waren gekommen um das Haus zu rocken. Und zwar in einer Besetzung die nicht von schlechten Eltern ist : Philipp Oberhuber (Guitar, Production), Andreas Taras (Bass), Christian Popodi (Mic), Hannes Walder (Drumset), Peter Raffin (Saxophon), Christoph Baur (Mic), Christian Dejaco (Soul), Axel Deluggi (Soul) – eine große Besetzung, die ordentlich Gas zu geben weiß. So waren die Tunes zwar anfangs sehr HipHop-lastig und das Auftreten der Band in ihrem teilweise sehr stark 70er Jahre beeinflussten Style vor allem bei mancher der Soulstimmen etwas gewöhnungsbedürftig aber das Eis brach schnell – dann zeigte die Band mit ihrem angefunkten HipHop was sie wirklich drauf hat. Groovende Funkgitarre, ein tighter virtuoser Bass, ein hervorragender Drummer, ein nicht gar zu aufdringlicher Effekt-DJ, und die überragenden Soulstimmen in Verbindung mit den MC's und den Bläsersätzen gab eine groovende, äußerst tanzbare Mischung ab. So füllte sich auch binnen kürzester Zeit der Lindenkeller nochmals um einige Leute mehr und die ersten Reihen füllten sich mehr und mehr mit tanzenden Menschen, die die Band, welche mit Songs wie „Funky Stories“, „Peach“, „Zucker“ oder dem veränderten Seed-Cover „Kleines B“ (im Original „Dickes B“) einheizte, ordentlich zu supporten. Auch für diesen Auftritt, der mit „Gang Star-Phunk“ endete (eine kleine Persiflage auf manche HipHop-Proleten) muss man sagen: Thumbs Up! War wirklich sehr gelungen und wenn die Band öfters nach Freising oder München schauen würde, wären einige aus dem Publikum sicherlich nochmals dabei.
Schließlich betraten dann um kurz vor 23 Uhr die Localmatadoren des Abends den Saal –
Schein! Schon bei „Superband“ von der neuen EP „Extraportion“ und dem drauf folgenden „Besonderes“ hatte die Band bestehend aus Georg (Gesang, AirFX), Martin (Bass), Treu (Schlagzeug), Sedi (Gitarre), Christoph (Percussions), Hardy (Posaune), Häns (Sax) und Flo (Trompete) das Publikum für sich gewonnen – waren ja auch die meisten ja wegen Schein gekommen, was sich an der Befüllung der Halle, die mal wieder aus allen Nähten platzte, mehr als deutlich zeigte. Doch das Rezept aus der die Schein-Musik ist, macht es dem Publikum einfach – Funkiger Bass, typische Funkgitarre, das tighte Drumspiel verbunden mit Percussions, der Gesang mit seinen ironischen Texten und die Bläsersätze ergeben auch hier eine äußerst tanzbare Mischung, auf die das Publikum voll ansprang. Mit Songs wie „Sonnenkind“, „Wir fliegen“, „Haste Bock“ oder den Zugaben „Wo geht’s lang“, „Schönes Lied“, „Hut ab!“, „Geh doch ins Kino“, „Glücklich“ und dem unabdingbaren – noch weitergejammten - „Sedi-Funk“ war für einen durchtanzten Abend gesorgt. Leider erfüllte die Band wie schon die letzten vielen Konzerte die Wünsche alter Fans, doch mal wieder „Engel und Teufel“ zu spielen, nicht.

Doch ist das der Band nicht zu verübeln, zeigt deren neues Material doch, dass die Band sich mit dem neuen Material nicht zu verstecken braucht. Das würde das Publikum auch nicht wollen, betrachtete man die gelösten, glücklichen Zuschauer, nachdem das Konzert wieder zu Ende war.
Doch Ende war noch lange nicht – denn mit dem Sorgente Soundsystem sollte noch bis um 3 Uhr für tanzbare Tunes zwischen Reggae, Funk und Soul gesorgt sein, was einige der volljährigen Freunde von Tanzmusik noch bis dahin und auch später nutzten, erst um 4 waren dann die letzten Besucher aus dem Lindenkeller heraus und machten sich auf den mehr oder weniger langen Heimweg nach Hause.
Doch die Redaktion von FS-Location.de hatte auf ihrem Heimweg noch einen kleinen Silberling zu schützen, hatte doch eine Ausgabe der EP „Extraportion“ ihren Weg in die Tasche eines Redakteurs gefunden. Lange hats gedauert, bis die EP fertig war, nach Krankheit vom Sänger Georg und einigen anderen Unwegsamkeiten. Doch präsentiert sich auf der Platte Schein groovender und mitreissender als bei der Platte zuvor. Auch wenn ein Livekonzert der Band sicherlich noch allein aufgrund der Bühnenpräsenz der Band dem Sound nochmal eine Stufe druckvoller und mitreissender macht, so hat sich bei diesem Silberling das Prinzip „Gut Ding will Weile haben“ voll ausgezahlt. So grooved schon bei „Was ganz ganz cooles“ der Bass ordentlich voran und bringt den Sound zusammen mit dem Schlagzeug gewinnbringend voran, Bläsersätze und Gitarre funken gezielt dazwischen und mit seinem ironischen, metaphernreichen Texten rundet Georg den Song gut ab. „Hast du Bock?“ - welches in 2 Versionen auf der Platte ist – zeigt schonmal mit die Roots manches Songs der Schein-Familie, denn so könnte der Hook diesen und manchen anderen Songs auch fast von den Red Hot Chili Peppers aus der Blood Sugar Sex Magik-Zeit stammen. Weiter gefunkt wird mit einer flotten Gitarre und hüpfenden Bassline bei „Superband“, über „Wo geht’s lang“ führt der Weg dann weiter zu „Hut ab!“, dem Longmix von „Hast du Bock?“ und dem sehr gechillt und sphärischen Remix von „Raumstation“ von Stefan Obermaier. Gut ist, dass die Band schafft, jedem Song so seine gewisse Note zu verpassen, die Riffs und Bläsersätze sind abwechslungsreich, mal schneller mal langsamer mal hibbelig, mal fest im Sessel, aber groovend. Im großen und ganzen also eine wirklich grundsolide Platte, welche den Vibe und die Power von Schein gut zu transportieren weiß. Es ist wirklich interessant zu verfolgen, wie sich die Band in den letzten 6 Jahren gemausert hat.
Tracklist: Was ganz ganz cooles - Extraportion (feat. Tom Lugo) - Hast du Bock? (Radio Edit) - Wir fliegen - Superband (feat. Conny Kreitmeier) - Wo geht's lang? - Hut ab - Hast du Bock ? - Raumstation Re:Start (S. Obermaier Remix)
Mehr Pix gibt's ausserdem auf
supershit.comText von Schneidermeister